GKV vs PKV
Der Unterschied zwischen Kassenpatient und Privatpatient muss langfristig abgeschafft sein, so die Kampfansage des Chefs der gesetzlichen Techniker-Krankenkasse. Das deutsche Krankenversicherungs-System will er einem radikalen Umbau unterziehen. Dabei sollen die Gesetzliche Kassen Aktiengesellschaften werden und in direkter Konkurrenz mit den privaten Anbietern stehen.
Bis heute ist in Deutschland das System der Krankenversicherung klar unterteilt, und zwar in der gesetzlichen Krankenversicherung, in der über 90 % der Versicherungspflichtigen versichert sind und in der privaten Krankenversicherung, in der der Rest versichert ist. Dieser Rest besteht in der Regel aus Beamten und Besserverdienenden.
Diese Zwei-Klassen-Medizin ist heftig umstritten. Der Vorstandsvorsitzende der Techniker-Krankenkasse, Norbert Klusen, will dieses System, das seit Jahrzehnten besteht, radikal reformieren. Diese Forderung sagte Klusen der Financial Times Deutschland.
Seine Idee ist, dass die GKVs auf dem Markt genauso wie die privaten Anbieter agieren können. Damit hätten sie etwa die Möglichkeit ihr Angebot in Form von Zusatzleistungen zu erweitern, oder direkte Verhandlungen mit Ärzten, Krankenhäusern oder Pharmakonzernen zu führen. Damit könnten die gesetzlichen Krankenkassen mit den Privatversicherungen direkt in Konkurrenz treten, aber auch miteinander eine Kooperation anstreben. Ein Gutachten, das Klusen in Auftrag gegeben hat, und das über die Zukunft der Krankenversicherungen gemacht wurde, kommt zu dieser Empfehlung.
Norbert Klusen ist der Meinung, dass die Frage beantwortet werden müsse, ob es nicht besser wäre, beide Systeme zu einem einheitlichen Markt zu entwickeln, der mehr Wettbewerb und Durchlässigkeit bringen würde. Die Studie geht weiter, denn sie sieht die gesetzlichen Kassen als Aktiengesellschaften und nicht mehr als Körperschaften öffentlichen Rechts wie bisher.
Es ist ungewöhnlich, dass diese Forderung von einem Kassenchef kommt, eine Forderung, die die gesetzlichen Anbieter an das Privatversicherungs-Modell annähern will. Die Kassenchefs der GKV haben bisher immer das Gegenteil versucht. Dafür wirkten sie auch auf die Politik ein und wollten den Einfluss zurückdrängen, den die Privatkassen haben.
Das derzeitige Gesundheitssystem mit seinen beiden Kassentypen steht – und das ist kein Geheimnis – jetzt auch nach der Meinung von Gesundheitsexperten vor dem Umbruch. Zu groß ist die Kritik am System. Dass Kassenpatienten meist längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, bis ein Termin beim Facharzt für sie frei ist und dass Privatkrankenversicherte mehr und hochwertigere medizinische Leistungen erhalten – das finden viele Experten zu Recht als ungerecht.
Derzeit kämpfen jedoch die Privatkrankenversicherten mit den teilweise dramatisch angestiegenen Beiträgen. Selbst Verbraucherschützer sind davon überzeugt, dass sich das überholte System selbst abschaffen werde – dabei sprachen sie vom überholten System der Privaten.
Nichts ändern will der Chef der Techniker-Krankenkasse an der der GKV. Die Beiträge sollen natürlich weiterhin einkommensabhängig sein, damit die Finanzierung gesichert ist.